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Erneute Änderung der Verordnungsfähigkeit von antimikrobiellen Wundauflagen und ihre Auswirkungen auf Wunden am Lebensende


Gesetz versus Empfehlung bei palliativen Wunden

Wenn das Ziel nicht der Wundverschluss, sondern die Lebensqualität ist.


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Hintergrund

 

In den letzten Jahren hat sich die gesetzliche Situation rund um die Verordnungsfähigkeit von Verbandmitteln deutlich verändert. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Sicherheit der Arzneimittel (GSAV) wurde eine klare Legaldefinition für Verbandmittel geschaffen. Demnach sind Verbandmittel Gegenstände, die oberflächengeschädigte Körperteile bedecken, Körperflüssigkeiten aufsaugen oder beides erfüllen. Wichtig ist, dass die Eigenschaften eines Verbandmittels auch dann bestehen bleiben, wenn es ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, wie zum Beispiel das Feuchthalten der Wunde, Reinigung, Geruchsbindung oder antimikrobielle Effekte.

 

Methodik und Einteilung durch den G-BA

 

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat auf Basis dieser Definition die Verbandmittel in drei Gruppen eingeteilt:

  1. Eindeutige Verbandmittel
  2. Verbandmittel mit ergänzenden Eigenschaften
  3. Sonstige Produkte in der Wundbehandlung

Für die letzte Gruppe, also die sonstigen Produkte, ist ein Evidenznachweis erforderlich, um die Verordnungsfähigkeit zu sichern. Bisher wurde für antimikrobielle Verbandmittel kein solcher Nachweis erbracht, da der G-BA nur Evidenz für Endpunkte wie den Wundverschluss akzeptiert. Das bedeutet, dass ab Dezember 2024 bekannte antimikrobielle Wundauflagen wie Silber, PHMB (Polihexanid) oder Honigwundauflagen nicht mehr erstattungsfähig sein werden.



 

Auswirkungen auf die Versorgung am Lebensende

 

Besonders betroffen sind Menschen, die sich am Ende ihres Lebens befinden. Bei ihnen steht nicht mehr die Heilung der Wunde im Vordergrund, sondern die Linderung von Symptomen wie Geruch, Schmerzen oder Infektionen. Antimikrobielle Wundauflagen reduzieren die Keimbesiedelung und somit unangenehme Gerüche. Dadurch bieten sie eine Möglichkeit das Wohlbefinden der Betroffenen zu steigern und die Lebensqualität zu verbessern.


Geruchsreduktion ist eine zentrale Empfehlung in der „Erweiterten S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung“. Insbesondere bei malignomassoziierten Wunden sind lokallwirkende, antimikrobielle Wundauflagen eine bewährte Maßnahme, um das Wohlbefinden der Betroffenen zu steigern.

 

Schlussfolgerung: Wo bleibt die Menschlichkeit?

 

Mit der geplanten Änderung der Verordnungsfähigkeit stellt sich die Frage: Wo bleibt die Menschlichkeit in der Versorgung von Menschen am Lebensende? Es geht um mehr als nur um medizinische Fakten – es geht um Mitgefühl, Würde und die Linderung von Leid. Wenn bewährte Maßnahmen wie antimikrobielle Wundauflagen künftig nicht mehr erstattungsfähig sind, besteht die Gefahr, dass die Lebensqualität der Betroffenen leidet.

 

Es ist wichtig, den Blick für das Ganze zu behalten und die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Die Medizin sollte stets auch einfühlsam und menschlich sein – gerade in den letzten Lebensphasen.


Quelle:

Inga Hoffmann-Tischner, Wundmanagement Köln & Aachen


Poster: 15. DGP Kongress 2024 – Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin


Abstract-Nr.: A-286