Gelungener Auftakt auf der Insel Usedom.
Spannende Themen, hochkarätige Referenten, tolles Ambiente, perfektes Wetter und rund 100 interessierte Teilnehmer machten die ICW Rezertifizierungsveranstaltung zu einem wunderbaren Tag rund um das Thema „Wunde“.
Nach der Begrüßung der Veranstalterinnen Jana Künstner und Inga Hoffmann-Tischner, startete Andreas Westerfellhaus, Staatssekretär und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung, den Wundtag „Wunde und Mee(h)r“ und erläuterte den IST-Stand der Pflegesituation.
Die Änderung von „Pflegestufe“ auf „Pflegegrad“ sind für Herrn Westerfellhaus eigentlich eine positive Entwicklung in der Pflege, da der „Pflegegrad“ viel mehr Leistungen ermöglicht, ABER WER
SOLL DIESE ERBRINGEN? Leider hinkt die Umsetzung sehr stark hinterher, da die Einstufung des Pflegegrades die Wirtschaftlichkeit der Versorgung in eine Schieflage bringt.
Allzu oft werden Patienten, die in die Kurzeitpflege kommen, in einen zu geringen Pflegegrad eingestuft. Dies führt dazu, dass die betroffenen Einrichtungen weniger abrechnen können und somit die
angemessene Vergütung der Pflegekräfte nicht mehr tragbar ist. Ist das eine Perspektive für Berufseinsteiger oder auch Rückkehrer? Sicherlich nicht!
Zudem zeigen aktuelle Auswertungen, wie die „Pflege in Vollzeit“ ausbrennt. Krankheit, Reduzierung der Arbeitszeit und schließlich der Berufsausstieg, all das führt zu einer traurigen
Abwärtsspirale.
Dass der Personalschlüssel in der Pflege nicht stimmt, wurde im Anschluss nochmals von Barbara Friesel und der Studie der Paul Hartmann AG „#PflegeComebackStudie“ unterstrichen und belegt.
Hier geht es zur Studie: https://hartmann.info/de-de/wissen-und-news/2/2/pflegecomeback
Also, was braucht es für Rahmenbedingungen, um die aktuellen Pflegekräfte zu halten und Berufseinsteiger und Wiederkehrer zu motivieren?
- Die Bundesregierung hat einen 5-Punkte-Plan entwickelt, bei dem bis zu 5.000 Euro sogenannte Halte- bzw. Wiederkehrerprämien gezahlt werden sollen.
- Bereits in der Umsetzung sind Modelle in Pflegeeinrichtungen, wo das Pflegepersonal bei vollem Lohn nur 80% arbeitet. Die Krankheitsrate ist dabei von 15% auf 5% gesunken.
Zur Unterstützung dieser Maßnahmen, wird es für mittelständige Unternehmen einen Instrumentenkoffer von der Bundesregierung geben.
Zum Ende stellte Herr Westerfellhaus noch die geplante Einführung des elektronischen Rezepts ab 2020/21 vor. Er äußerte aber seine Bedenken, wenn bei der Umsetzung die Berufe aus der Pflege und
die therapeutischen Berufe keine Leseberechtigung erhalten. Er schloss seinen Vortrag mit der Entwicklung der Digitalisierung ab. Weniger lästige Papierdokumente = mehr Zeit für die
Pflege und den Menschen!
Folgend wurde das Schülerprojekt aus dem Innovationsnetz „Schüler auf Kurs für MV“, von den Schülerinnen Jennifer Hafke, Loreen Mae Bernacki und Anette Filin vorgestellt. Gemeinsam mit Frau Künstner VG medizinische Pfade und dem BILSE Institut entwickelten die Schülerinnen der 11. Klasse des Käthe Kollwitz Gymnasiums Rostock einen Fragebogen zur Arbeitszufriedenheit in der Pflege. Erschreckendes Ergebnis war hier, dass sich 25% der befragten Pflegefachberufe vorstellen können in den nächsten 12 Monaten einem anderen Beruf nachzugehen.
Die Präsentation der Schüler steht Ihnen hier zum downloaden zur Verfügung.
Nach einer kurzen Kaffeepause ging es weiter mit Thorsten
Prennig (Leitende Wundfachkraft iWT, Krankenpfleger mit Staatsexamen, Wundmentor, Wundexperte ICW e.V., Wacert®Wundassistent DGfW, Organisation und Fachliche Leitung Basisseminar
Wundexperte ICW. e.V. an der Kreisklinik Roth).
Herr Prennig nahm die Teilnehmer mit auf die Zeitreise der Entwicklung der Wundversorgung bis zum heutigen IST-Stand in den Kliniken. Er verdeutlichte, dass die phasengerechte Wundversorgung auch
immer eine problemorientierte Wundversorgung sein sollte.
Anschließend zeigte Herr Jens David Puschmann (Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie, Facharzt für Phlebologie, Facharzt für
Endovaskulärer Chirurg, Wundexperte ICW, MVZ Marienhospital Aachen) sehr anschaulich die Chancen und Möglichkeiten in der Gefäßchirurgie.
In einer beeindruckenden Bilderpräsentation brachte er den Teilnehmern die Diagnostik und die Operationstechniken näher.
Während der einstündigen Mittagspause hatten die Teilnehmer genügend Zeit für die „besondere“ Industrieausstellung. Das Wetter war uns wohlgesonnen und der Veranstaltungsort „Hotel Seeklause“ war
perfekt für die Outdoor-Ausstellung. Die Industrie präsentierte sich in großen weißen Zelten – ein ganz besonderes Ambiente.
Gestärkt und motiviert ging es in den Nachmittag.
Herr Markus Beier vom Pflegedienst Beier aus Heringsdorf und Frau
Elisa Dreier vom Pflegedienst Baltz aus Anklam erläuterten die Zusammenarbeit von
Hausarzt und Pflege in der Wundversorgung und zeigten anhand von Bildern und Fallbeispielen die Problematik in Mecklenburg-Vorpommern auf. Frau Künstner übernahm den Vortrag von Hausärztin Frau
Dr. Backmann aus Lassan, die leider erkrankte. Sie stellte die Herausforderungen einer Landartzpraxis dar und verdeutlichte wie sinnvoll und dringend notwendig die Zusammenarbeit zwischen
Hausarzt, häuslicher Krankenpflege und Wundmanager ist.
Weiter ging es mit Inga Hoffmann-Tischner (Geschäftsführerin und Inhaberin Wundmanagement Köln & Aachen, Pflegedienstleiterin Kölner Pflegedienst, Krankenschwester, Pflegetherapeutin Wunde ICW e.V., Palliative Care, Aromatherapeutin, Organisatorin der ICW Wund-AG, Köln und Umgebung) und dem Thema „Wundversorgung im häuslichen Umfeld“.
In einer bemerkenswerten, bildgewaltigen Präsentation verdeutlichte Inga Hoffmann-Tischner die Herausforderungen in der häuslichen Versorgung. Auch wenn in den einzelnen Bundesländern die
Leistungen der Häuslichen Krankenpflege unterschiedlich abgerechnet und vergütet werden, stehen die Leistungserbringer in Köln und Umgebung vor den gleichen Problemen wie die auf Usedom oder
Greifswald. Diese gilt es gemeinsam politisch anzupacken.
Anschließend stellte Frau Hoffmann-Tischner die pflegerisch geführte Wundambulanz vor und zeigte die Vorteile und Möglichkeiten der sterilen Wundversorgung in Praxisräumenn auf.
Ihr Vortrag endete mit der Vorstellung von Herrn Michael Salzig, Gründer von „Zuckersüss“, der Selbsthilfegruppe für diabetische Folgeerkrankungen – Schwerpunkt Charcot
Fuß.
Herr Salzig erzählte sehr bewegend seine eigene Geschichte. Angefangen von der Diagnose über die selbstbestimmte Amputation, problematische Wundversorgung und schwerer Depression bis hin zu
seinem heutigen Leben – gefüllt mit Motivation und viel Lachen.
Kontakt: engel-und-teufel(a)t-online.de
Als letzter Redner weckte Herr Prof. Dr.
Volker Großkopf (Rechtswissenschaftler und Professor an der Katholischen Hochschule NRW, Inhaber Rechtsdepeche) nochmal alle Geister auf.
In einer interaktiven Präsentation stellte er die Chancen und Möglichkeiten der Pflege auf der rechtlichen Ebene vor, denn Deutschland ist bis heute das einzige EU Land, in dem die Pflege noch
kein Studiengang ist. Ab 1.1.2020 tritt das Pflegeberufegesetz in Kraft. Dies sieht vor, die Pflege primär zu akademisieren. Danach soll sowohl der Studiengang Pflege als auch die generalistische
Ausbildung zu einem Pflegeberuf möglich sein.
Herr Prof. Großkopf sprach über die vorbehaltenden Tätigkeiten der Pflege und die daraus entstehenden Prozesse, die einzig und allein durch die Pflege zu beurteilen und zu planen sind. Er
erklärte den Unterschied von Delegation zu Substitution und eröffnete Chancen und Möglichkeiten im Bereich des Wundmanagements. Diese Möglichkeiten wurde bereits durch die Änderung des § 63
Absatz 3c SGB V im Pflegeweiterentwicklungsgesetz von 2008 geschaffen.
Weiter nahm Herr Prof. Großkopf Stellung zu Verordnungsfähigkeit von Verbandstoffen und erklärte hierzu die Rolle des Gesundheitsministeriums und auch die des GBAs. Er machte deutlich, dass
seiner Meinung nach nichts verloren ist und man noch bis zur letzten Sekunde seine Argumente mit klarer Haltung anbringen sollte.
Er interviewte Frau Bullendorf vom BVMed, die noch einmal den derzeitigen Stand zur Änderung des § 31 SGB V erläuterte. Der BVMed stellt umfassende Materialien zu Fakten, Studien und Zahlen in
der Wundversorgung zur Verfügung. Diese sind unter folgendem Link http://www.info-wundversorgung.de/ erhältlich.
Passend zur aktuellen politischen Debatte zur Verordnungsfähigkeit von Verbandstoffen, wurde die Postkarten-Aktion „Appell an Herrn Minister Jens Spahn“ mit Begeisterung von allen Teilnehmern angenommen.
Wie Sie an den Bildern erkennen, hat uns auch der Rundfunk besucht und bereits kurz in den Regionalnachrichten über die Veranstaltung und das Gesetzesvorhaben berichtet. Ein weiterer Bericht mit Interviews der Referenten wird voraussichtlich in Kürze im Rundfunk zu hören sein. Wir halten Sie auf dem Laufenden und werden Sie rechtzeitig über den Sendetermin informieren.
Abschließend möchten wir uns nochmal bei allen Teilnehmern, Referenten und der Industrie herzlich bedanken. Es war ein wirklich gelungener Auftakt. Unsere Vorstellung von "Wunde und Mee(h)r" ist aufgegangen und wir sind bereits in der Überlegung und Planung für 2020.
Bleiben Sie uns treu und seien Sie dabei wenn es heißt:
"Wunde und Mee(h)r 2.0"
Ihre Jana Künstner und Inga Hoffmann-Tischner